Die Bos-Genetic Kft. in Martonvásár (Nähe Budapest) war bei Gründung im Jahr 1985 eines der ersten erfolgreichen Joint Ventures im landwirtschaftlichen Sektor. Zum damaligen Zeitpunkt war es für die Osnabrücker Herdbuch eG (OHG) maximal möglich, sich mit 49 % an dem Unternehmen zu beteiligen. Die OHG lieferte Genetik in Form von bewährten Altbullen sowie Technik für die Samenverarbeitung. Der ungarische Partner (BosCoop) übernahm den Spermavertrieb in Ungarn.
Start von Nachkommenprüfung in den 90ern
Während zu Anfang nur der Import von bereits töchtergeprüften Bullen nach Ungarn erlaubt war, ergaben sich ab Herbst 1991 erste Möglichkeiten, interessante Jungbullen in ungarischen Betrieben zu prüfen. Durch die Umstrukturierung der Gesellschaft (dabei erhöhte die OHG ihren Anteil auf 72 %) konnte Bos-Genetic selbst auch auf die Vertriebsaktivitäten Einfluss nehmen und schloss dafür Testvereinbarungen mit Partnerbetrieben ab. Hierdurch erhielt die Erfolgsgeschichte von Bos-Genetic in Ungarn zusätzlichen Auftrieb. Zu den erfolgreichsten Vererbern im Zeitraum 1991 bis 2010 gehörten sicherlich Bullen wie Chief Stic (Chief Mark x Sexation), Saphir (Storm x Prelude) und allen voran der 2005 geborene BG Shottle ET. Diese Bullen dominierten über Jahre die Zuchtwert-Toplisten in Ungarn. Durch das ständig wachsende Nachkommen-Prüfprogramm sowie den Einstieg weiterer Gesellschafter (SRV und Genes Diffusion), die vor allem an der hervorragenden Bullenhaltung und Spermaproduktion vor Ort in Ungarn interessiert waren, entschloss man sich kurz nach der Jahrtausendwende zum Bau einer neuen Stallanlage, die im Jahr 2004 fertiggestellt wurde und fortan die Unterbringungsmöglichkeiten für Bullen auf bis zu 140 Plätze erweiterte.
BG ET war nicht nur in Ungarn Nr. 1, sondern auch in vielen weiteren Ländern der höchste Shottle-Sohn
Veränderte Lage durch Einführung von Genomics
Die Einführung der genomischen Zuchtwertschätzung in den größten und dominierenden Holstein-Ländern um 2010 führte zunehmend zu einer Reduzierung der Bullenbestände bis hin zum Wegfall der Nachkommenprüfung. Ungarn und viele weitere kleinere Holstein-Länder standen vor der Problematik, dass sie kein eigenes genomisches Zuchtwertschätzsystem zur Verfügung hatten. Bos-Genetic hat sich der Situation angepasst, indem man z. B. frei werdende Haltungskapazitäten für Import von Jungbullen und Weiterverkauf in andere osteuropäische Länder nutzte. Zudem selektierte man Jungbullen für das eigene Zuchtprogramm anhand von SNP-Informationen, die voraussichtlich gut zu den Anforderungen der ungarischen Züchter passen würden. Aktuelle Beispiele für erfolgreiche Bullen in den letzten Jahren sind z. B. BG Riga (Gymnast x AltaSpring), BG Radames RDC (Styx-Red x Silver) und vor allem BG Stefan (Barbados x Kerrigan). Gleichwohl sind im Vergleich zur Zeit vor 2010 nun beinahe 100 Bullen weniger auf der Station bei Bos-Genetic, da auch die weiteren Partner keinen Bedarf mehr für die früher dort untergestellten Bullen sehen. Dr. Istvan Monostori, seit 1999 Geschäftsführer von Bos-Genetic, hat sich daher um alternative Nutzungsmöglichkeiten bemüht und beispielsweise mit den Fleischrinderzüchtern in der im Nachbarort gelegenen Stallanlagen eine Eigenleistungsprüfung für Limousin-Jungbullen aufgebaut. Zudem hat Dr. Monostori in den letzten Jahren sehr erfolgreich Spermaexporte von Bos-Genetic nach Osteuropa und in die Türkei realisieren können.
BG Stefan rangiert weiter hoch in der gMace-HGI-Liste und ist bei der OHG einer der höchsten Bullen für RZGesund
Veterinärmedizinische Universität Budapest kombiniert zukünftig Ausbildung und Zuchtarbeit
Da Dr. Istvan Monostori bereits sein Rentenalter erreicht hat, bemühte er sich im letzten Jahr intensiv um neue, strategische Partnerschaften, so auch zur Veterinärmedizinischen Universität in Budapest, die als eine der führenden Ausbildungsstätten für Veterinärmediziner in aller Welt bekannt ist. Prof. Sotonyi, Rektor der Universität, möchte für seine Studenten die praktischen Aspekte der Bullenhaltung und Spermaproduktion stärker in den Focus der Ausbildung rücken. Um sowohl eine verbesserte Ausbildung der Veterinärstudenten als auch die Fortsetzung der Zuchtaktivitäten im Milch- und Fleischrinderbereich in Ungarn gewährleisten zu können, hat die Veterinäruniversität den bisherigen Gesellschaftern der Bos-Genetic (OHG, SRV, Genes Diffusion) ein attraktives Angebot unterbreitet, um die Bos-Genetic Kft. in eigener Regie fortzuführen. Die entsprechenden Verträge wurden am 9.3.2022 vor Ort in Budapest unterzeichnet. Selbstverständlich bleibt die OHG für die Bos-Genetic Kft. auch weiterhin ein geschätzter Partner.
Wir wünschen der Veterinärmedizinischen Universität Budapest viel Erfolg mit der Fortschreibung der Bos-Genetic-Erfolgsgeschichte und bedanken uns vor allem bei Herrn Dr. Istvan Monostori und dem gesamten Team von Bos-Genetic für die langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Hajo Leyschulte, Hans-Willi Warder, Prof. Sotonyi (Rektor der UniVet Budapest) und Dr. Istvan Monostori nach dem Abschluss des Kaufvertrages