Seit 2017 führt die OHG für die Betriebe, die umfangreiche Daten für die Lernstichprobe liefern – also KuhVisions- und Herdentypisierungsbetriebe – Treffen zum Informationsaustausch durch. Inzwischen sind 54 OHG-Betriebe (davon 16 KuhVision) in der Herdentypisierung aktiv, dies entspricht 21 % der OHG Herdbuchkühe. Um die Gruppen sowie Fahrtwege überschaubar zu halten, wurde die Veranstaltung auf den Betrieben Hummert in Höckel sowie bei Lilie in Haldem durchgeführt.

Neben einigen aktuellen Informationen zur Zuchtwertschätzung von Herrn Warder hatte diesmal Daniel Langer einige neue Anregungen zur Kälberaufzucht mitgebracht. Aktueller Anlass ist die ab dem 01.01.2023 umzusetzende Vorgabe, dass die Bullenkälber erst ab dem 29. Lebenstag verbracht werden dürfen und somit länger in den Betrieben aufgezogen werden müssen. Dies erfordert in nahezu allen Betrieben eine Ausweitung der Aufzuchtkapazität für junge Kälber. Herr Langer zeigte die unterschiedlichen Angebote aus der Industrie auf und empfahl aufgrund der auf EU-Ebene laufenden Diskussion zu einem möglicherweise anstehenden Verbot der Einzelhaltung („end of the cage age“) dies sogleich bei der Planung zu berücksichtigen. Einige Anbieter bieten Lösungen, wie man Einzelhütten zur Gruppenhaltung kombinieren kann (wobei dann die Mindestfläche von 4,5 m² erreicht werden muss). Bei solchen modularen Systemen kann man durch die Herausnahme von Zwischenwänden nach wenigen Tagen die Boxen umwandeln von der Einzelhaltung auf paarweise oder Kleingruppen. In diesem Zusammenhang zeigte Daniel Langer mehrere Untersuchungen vor, die Vorteile im Sozialverhalten solch paarweise aufgezogener Kälber zeigen. Diese führen u.a. zu einer früheren und besseren Aufnahme von Pelletfutter und damit insgesamt zu besseren Leistungen in der Aufzucht und vermutlich auch später als laktierende Tiere. Zudem ging Herr Langer auf die Bedeutung der Kolostrumversorgung und den dort zu beachtenden Qualitäts- und Quantitätsangaben ein. Da die verlängerte Aufzucht definitiv zu einer deutlicheren Gewichtsdifferenzierung und damit noch stärker qualitätsorientierten Bezahlung der Mastkälber führen dürfte, sollten die Betriebe im eigenen Interesse ihre Bullenkälber von Geburt an optimal versorgen, um dem Handel vitale leistungsstarke Mastprodukte anbieten zu können.

Die 3 Q´s der Kolostrumversorgung sind:

  • Quickly (innerhalb der ersten Lebensstunde)
  • Quality (Brix-Wert über 22 %)
  • Quantity (möglichst 4 Liter)

Zudem sollten die Landwirte das vorhandene Kolostrum auch über weitere Mahlzeiten dem Kalb anbieten. Hier konnten zahlreiche wissenschaftliche Versuche belegen , dass neben der so wichtigen Erstversorgung mit Kolostrum, die weiteren Mahlzeiten innerhalb der ersten Lebenstage äußerst wichtig, um eine optimale Entwicklung des Magen-Darm-Trakts des neugeborenen Kalbes zu gewährleisten und dadurch die Krankheitsanfälligkeit der Kälber zu reduzieren.

Futterselektion unbedingt vermeiden

Natürlich stellten vorab die gastgebenden Betriebe ihren Milchviehbetrieb bei einem Rundgang vor. Gerade diese Eindrücke und der Austausch mit Berufskollegen sind sicher für die insgesamt etwa 70 Teilnehmer des Treffens von besonderem Interesse. Paul Hummert berichtete, dass sie aus arbeitswirtschaftlichen Gründen aktuell in der Umbauplanung auf Melkroboter sind. Bislang werden die Tiere in einem Doppel-Zwölfer-Melkstand gemolken und die 185 Kühe liegen bei einer durchschnittlichen Milchleistung von 40 kg täglich bzw. 13.000 Liter im Jahr. Beim Fütterungsmanagement haben sie in den letzten Jahren besonders intensiv darauf geachtet, dass in allen Bereichen (melkende und Trockensteher) möglichst jegliche Selektion von Futterpartikeln vermieden wird, um so die Kühe konstant und gleichmäßig mit Nährstoffen zu versorgen. Hierfür hält er die konsequente Einhaltung kurzer Häcksellängen und die Zugabe von Wasser für essentiell, um damit die feineren staubförmigen Partikel zu binden und gleichmäßiger zu verteilen. Der Trockenmassegehalt der laktierenden Ration liegt aktuell bei 32 % TS. Aufgrund der im Betrieb vorgegebenen vergleichsweise knapperen Flächenausstattung führen sie auf Basis der genomischen Zuchtwerte eine sehr konsequente Selektion mit etwa 50 % Gebrauchskreuzungseinsatz (Inra 95) durch. Zudem werden die Jungtiere im Altersabschnitt von 9 Monaten bis 8 Wochen vor der Kalbung in einen anderen Betrieb ausgelagert. Somit versucht man den Anteil nicht selbst benötigter Rinder zu minimieren; andererseits sieht man aber auch die Notwendigkeit, etwa 20 % Kuhkälber über dem erwarteten späteren Remontierungsbedarf an Färsen anzustreben, um innerhalb der Gruppe geborener Kuhkälber bis zur Kalbung noch eine End-Selektion durchführen zu können. Der Betriebsleiter berichtet zudem, dass durch die konsequente Nutzung der genomischen Zuchtwerte bei der Anpaarung und Selektion sich die Einheitlichkeit der Herde merklich verbessert hat und er nach dem Anmelken der Rinder keine bis wenige negative Überraschungen mehr hinsichtlich Melkbarkeit, Strichplatzierung, Zellzahl und Milchleistung hat.

Im Hintergrund die Vorrichtung zur Wasserzugabe in den Futtermischwagen

Aufmerksame Zuhörer während des Vortrages auf dem Betrieb Hummert

Kuhkomfort zahlt sich aus

Betriebsleiter Cord Lilie konnte beim Betriebsrundgang auf seinem Betrieb etwa 40 Teilnehmer begrüßen und startete mit der Vorstellung des aus einem Umbau von vorhanden Hallen entstandenen neuen Zweireihers für die Hochleistungsgruppe. Dieser Stall bietet durch die Zweireiher-Aufstallung und vorhandenen Gesamtbreite von 15 Metern entsprechend breite Laufgänge und damit fast 12 m² pro Kuh. Neben den großzügigen Liegeboxen sorgen die offenen Seitenwände und die THI gesteuerten Ventilatoren, sowie in einem Teilbereich auch zusätzliche Sprinkleranlage für hohen Kuhkomfort und damit deutlich über 40 kg Tagesleistung der hier untergebrachten Tiergruppe. Durch die Ausgliederung der Hochleistungsgruppe ergab sich dann im alten Stall die Möglichkeit eine separate Färsengruppe einzurichten, die die gesamte Laktation zusammenbleiben. Laut Cord Lilie hat sich damit die Leistung der Färsen um etwa 3 kg pro Tag erhöht im Vergleich zu der vorherigen Situation, wo sie noch mit den älteren Kühen in einer Gruppe gehalten wurden. Durch den inzwischen auf 330 Milchkühen gewachsenen Tierbestand und den vorhandenen Altgebäuden, ergeben sich zurzeit im Bereich der Transitfütterung-/haltung notwendige Kompromisse, wo man in den nächsten Jahren vielleicht beim Bodenbelag oder Platz pro Kuh noch Optimierungen vornehmen könnte. Bei der abschließenden Besichtigung des Kälberbereiches ist dies ähnlich, da durch die im nächsten Jahr anstehende Gesetzesänderung und damit notwenige verlängerte Aufzucht der Bullenkälber zusätzliche Plätze geschaffen werden müssen. Nach einem Imbiss konnte dann nahtlos mit dem Vortrag von Daniel Langer zu der Thematik „Kälber bald länger Zuhause – Welche „Chancen“ bietet es“ – übergeleitet werden.

Anschließend tauschten sich die Teilnehmer dieser Treffen noch intensiv zu den angesprochenen Fachthemen aus.

Abschließend möchten wir uns im Namen aller KuhVisions- und Herdentypisierungsbetriebe bei den Familien Lilie und Hummert für die Vorstellung ihrer Betriebe und Gastfreundschaft herzlich bedanken.

Auch auf dem Betrieb Lilie verfolgte man interessiert den Ausführungen von Daniel Langer

Jeweils zum Abschluss gab es für beide Gastgeber ein kleines Präsent